Die rote Fahne gilt kommunistischen Bewegungen und Staaten als wichtiges Identifikationssymbol. In Laos weht sie – zusammen mit der laotischen Flagge – an vielen Häusern. Gemeinsam mit Staaten wie China oder Nordkorea existiert in Laos ein Einparteiensystem. Das politische System des Landes wird vom Länderbericht „Freedom in the world“ als „unfrei“ eingestuft. In der Kategorie „Bürgerrechte“ erhält es die Note 6, nur noch zu unterbieten von einer 7. Dem kann ich nicht viel abgewinnen. Und trotzdem nehme ich Anleihen daran und unterziehe die folgenden Tagebucheinträge einer beinharten Zensur, streiche und glätte wo immer es irgend geht, bevor sie hier veröffentlicht werden.
17.12.2017 Erstmals in meinem Leben übertrete ich eine Grenze zwischen zwei Staaten – wobei keiner davon mein Mutterland ist – auf dem Landweg, also zu Fuß. Die Ausreise aus Thailand gestaltet sich sehr einfach. Und das, obwohl ich meine Einreisecard irgendwann und irgendwo im letzten Monat verloren habe. Ohne Einreisecard auch keine Ausreise? Iwo. Der nette Grenzbeamte weiß zu helfen und händigt mir mit einem Augenzwinkern ein unausgefülltes Ersatzdokument aus, der Ausreisestempel kommt in den Reisepass und weiter geht es zu den laotischen Kollegen. Das Visum upon arrival kostet 35 USD. Da heute Sonntag ist, lässt sich der Beamte seine Dienste mit einem Sonntagszuschlag von 1 USD abgelten. Ein mitgebrachtes Passfoto wechselt den Besitzer und das schicke Visum ziert von nun an den Reisepass. Ein europäisch aussehender Staatsbürger folgt mir während der Ein- und Ausreisemodalitäten auf Schritt und Tritt. Natürlich flackert sofort eine leichte Form von Paranoia in mir auf. Ich bin mir unsicher, ob es sich um einen CIA Agenten oder einen übergelaufenen Außendienstmitarbeiter des chinesischen Geheimdienstes handelt.
Hinter dem Grenzposten lauern bereits einige Tuktuk-Fahrer, die den Transport in das Grenzdorf auf laotischer Seite, Houayxay, zu völlig überteuerten Preisen selbstbewusst anbieten, wissend, dass die Distanz dorthin selbst für Menschen ohne Hühneraugen auf den Füßen keine tatsächliche Alternative zulässt. Der Geheimdienstmitarbeiter sitzt im selben Tuktuk wie ich. Er will Hannes heißen und aus Stuttgart kommen und gibt seine Deckung beinahe vollends auf, als er auch noch leichtsinnig im selben Hostel eincheckt wie ich. Ich beschließe, vorerst bei dem abgekarteten Spiel mitzumachen und wir erkunden anschließend gemeinsam den Ort. Welcher eigentlich nur aus einer Hauptstraße besteht, die mehr Holperpiste denn Straße ist. Am linken und rechten Straßenrand reihen sich einige einfache Restaurants und Shops aneinander, es gibt weiters einen nicht sonderlich attraktiven Tempel, gähn, einen Pier, von dem es am nächsten Tag weitergehen sollte und einen Geldautomaten. Nach der dortigen Geldbehebung darf ich mich erstmals als Millionär bezeichnen. 1.000.000 laotische Kip entsprechen umgerechnet ca. 100 Euro. Leider werde ich ein paar Tage später feststellen müssen, dass meine Kreditkarte statt mit dem Auszahlungsbetrag mit 150 Euro belastet wurde, was ich ob der Nichtverfügbarkeit eines Auszahlungsbeleges nicht werde beweisen können.
„Hannes“ und ich füllen unsere Wasservorräte an einem kleinen Geschäft auf und wollen im Anschluss daran zu Bett gehen. Der Ladenbesitzer wartet uns einen selbst angesetzten Whiskey-Lao auf. Er freut sich sichtlich über die wohl seltene Trinkgesellschaft. Nach dem dritten Glas zeigt er uns, mit welchen Zutaten er sein Gesöff ansetzt, was wir gleich darauf mit einem vierten Glas begießen, Gastfreundschaft schlägt man bekanntlich nicht aus. Dann heißt es, ins Bett zu gehen, das Boot, welches uns nach Pakbeng bringen soll, würde ja nicht warten.
18.12.2017 Die meiste Zeit des Tages verbringe ich am Boot und tingel den Mekong entlang. Ich erwähne niemandem gegenüber, dass heute mein 36. Geburtstag ist, trotzdem scheinen ihn einige Mitfahrende ausgiebig zu feiern. Hannes weiß – so meine Vermutung stimmt – ohnehin ALLES über mich.
Ich genieße das Vorüberziehen der grünen Landschaft, auch nach Stunden verspüre ich keine Langeweile. Manchmal quert ein kleines Fischerboot unsere Bugwelle. Hier und da spielen Kinder am und im Fluss. Einige Touristen sind bereits über ihren Gläsern eingeschlafen.
In Pakbeng, das wir in der Abenddämmerung erreichen, wartet bereits das Empfangskomitee am Pier. Die Tuktukfahrer wissen praktischerweise auch gleich, welches die besten, saubersten, günstigsten Unterkünfte sind, zu welchen sie die Ankommenden nur allzu gerne gegen einen kleinen Obolus chauffieren. Natürlich erhalten sie von den Guesthousebetreibern eine kleine Provision dafür. Und natürlich schlagen selbige diese Provision den Ankömmlingen auf den eigentlichen Zimmerpreis auf. Hannes und ich lehnen die Dienste ab und gehen zu Fuß in den sehr nahen Ort, finden unmittelbar eine feine Bleibe für die Nacht. Das Beine-Vertreten führt uns zur HIVE-Bar, wo wir gegen zwei Einheimische Billard spielen. Der Tisch ist der Körpergröße der eher kleinwüchsigen Laoten angepasst, das ungerade Holz der Queues ist nur für fortgeschrittene Spieler geeignet. Wir verlieren ein Spiel ums andere. Vor der Bar raucht ein Laote ein Opium-Marihuana-Amphetamin-Gemisch.
20.12.2017 Nach einem weiteren Tag auf dem Mekong bin ich gestern in Luang Prabang angekommen. Luang Prabang war bis zur Abschaffung der Monarchie 1975 die Königsstadt. Die UNESCO führt die Altstadt, die von französischen Kolonialhäusern geprägt ist, als Welterbe. Luang Prabang liegt auf dem Touri-Highway, kaum ein Laosreisender, der die Stadt nicht besucht. Dementsprechend ist auch die touristische Infrastruktur an die Bedürfnisse der Reisenden angepasst. Jedoch erlebe ich die Händler und Transportanbieter (Stichwort: Tuktukmafia) weniger aufdringlich, als zuvor in weiten Teilen Thailands. Mir ist trotzdem nach einem ruhigeren, ursprünglicheren Ort. Außerdem ist es an der Zeit, die Tarnung meines Reisegefährten auffliegen zu lassen. Also stelle ich ihn auf die Probe, indem ich in einem völlig unpassenden Moment verkünde, am nächsten Tag weiter zu wollen, ein Stück Richtung Norden. Wider Erwarten hat er andere Pläne, was mich kurz irritiert und an meinen Instinkten zweifeln lässt, aber nicht vollends überzeugt.
24.12.2017 Die letzten Tage verbrachte ich im malerischen Nong Khiao in der Hängematte am Nam Ou, dem Fluss, welcher sich seinen Weg durch die den Ort umgebenden, beeindruckenden Kalksteinfelsen bahnt. Wenn sich durch das stundenlange Baumeln leichte Schwindelgefühle einzustellen beginnen, verbringe ich die Zeit damit, mit dem allzeit bereiten Hundewelpen der Gastfamilie zu spielen. Am liebsten beißt er mir, auf meiner Schulter sitzend, vorsichtig in mein rechtes Ohr. Ich habe viel Zeit und Muße, um die bisherige Reise auf mich wirken zu lassen und in mich hinein zu spüren.
Neben Sauerteigbrot, Käse und den lieben Daheimgebliebenen vermisse ich bislang am meisten, kaum in näheren Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung treten zu können. Das liegt einerseits an meiner Talentfreiheit, Sprachen in kürzester Zeit erlernen zu können und andererseits an der sehr eingeschränkten Schulbildung weiter Teile der laotischen Bevölkerung, mit welcher fehlende Englischkenntnisse einher gehen. In mir reift der Gedanke, schneller als geplant nach Südamerika zu wechseln. Mein Spanisch sollte ausreichen, um kulturelle Gebräuche, alltägliche Sorgen, Träume, Ängste und Ziele der Menschen von Bolivien bis Kolumbien zumindest sprachlich verstehen zu können. Das Jobangebot der Gastfamilie, mit meinen Englischkenntnissen für eine bessere Auslastung ihrer Bungalows zu sorgen, schlage ich dankend aus und mache mich auf Richtung Süden, mit Zwischenstopp abermals in Luang Prabang. Das Weihnachtsfest traditioneller Art muss ausfallen, am nächsten Morgen geht es für zwei oder drei Tage weiter nach Vang Vieng.
hallo Harald! danke für einen weiteren interessanten Bericht!
Falls ein DIA Vortrag wirklich spruchreif wird bzw. ist- finde ich wirklich super!!
dein letzter Bericht klingt für mich wehmütig .. bist aber auch durch einige Gebiete gekommen, wo Armut/ Elend herrscht.. einen baldige Aufbruch nach Südamerika würde ich mir trotzdem überlegen in Honduras sind Demos wg. angeblicher Wahlmanipulation und in Venezuela herrscht Ausnahmezustand :'( aber! Anna war jetzt in Costa Rica- die Fotos von dort.. paradisisch!!
bevor du Asien verlässt- kannst mir das Hundewelpen mitnehmen ich komms mir auch abholen!!
auch wenn eine räumliche Distanz zu den Heimgebliebenen herrscht: viele gute Gedanken und Wünsche begleiten dich!!
pass gut auf dich auf!
Hey, Heidi!
Die Hunde(welpen) sind hier generell viel zutraulicher und wohlgesinnter, kaum mal, dass man von einem Hund angebellt oder angeknurrt wird. Hunde werden hier nicht an der Leine gehalten, auch nicht abgerichtet. (Von Registrierungs- oder Gackerl-ins-Sackerl-Auswüchsen gar nicht zu sprechen.)
Die meisten leben ein zumindest halbfreies Leben. Vielleicht spielt das eine Rolle dabei. Der kleine Schwarze war aber wirklich extra süß.
Wehmut verspür ich bislang sehr selten. Ich möchte jedoch mehr von Kultur und Lebensweise der Menschen in den von mir besuchten Ländern erfahren. Und das geht halt vorwiegend über die Sprache. Ansonsten bewegt man sich immer wie in einer (Tourismus)blase, nicht mit, sondern neben der einheimischen Bevölkerung.
Venezuela klammer ich bestimmt aus. Argentinien, Chile, Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien interessieren mich sehr.
Ganz lieben Gruß!
Lieber Harald, deine Infos und Berichte incl Aufnahmen sind für mich sehr informativ und ich könnte mir auch so eine Weltreise vorstellen !! Länder und Menschen erweitern den geistigen Horizont !! Bitte lass mich weiterhin Teilhaben ! Wünsche dir aufregende Abenteuer und viele schöne Erlebnisse !
Liebe Grüsse aus Mooskirchen
ahie
Lieber Alois, ich freu mich, dass Du dabei bist! Mit unserem Abschiedskaffee ist’s ja leider nix mehr geworden…müssen wir halt 2 trinken, wenn ich wieder zurück bin.
Ja, vor allem Menschen sind – wie gesagt – sehr bereichernd, das Salz in der Suppe.
Lieben Gruß!
Hallo Harald deine Kommentare sind ganz toll formuliert manche ein wenig wehmütig!!besonders dein 36.Geburtstag am 18.12 ….!!!!.mir kommt so vor wir waren schon etwas weiter ???? LG aus Lannach bitte mach weiter so pass auf dich gut auf!!!!!
Ups, da hab ich mich wohl vertippt!?!
Kann schon mal passieren im Alter.
Seid lieb gegrüßt, Frau Bürgermeister!
bon jour ‚arald!
mag deine berichte aus sehr! <3
hab aus sicherer quelle erfahren dass man joints in denen illegale, verschieden wirkende substanzen sind ( also beruhigende und aufputschende, traurig machende und weltherrschaftliche allmachtsfantasien verursachende) "jeffrey" nennt, wobei mir die wirkungsweise nicht klar ist – ein zug was beruhigendes der nächste aufputschend etc. – hebt sich dann nicht alle Wirkung auf und man ist quasi wieder auf null??? pffff eigenartig, aber so konsumieren sie….
deine naivität bzgl. geheimdienst mitarbeiter – hast du an fbi, homeland security und den ehemaligen kgb gedacht!!!! haaa? und ganz zu schweigen von den egdh (eisenerzer geheimbund der höhlenforscher) welche noch immer auf der suche nach der nummer eins der terroristen sind, welcher sich eine couch in die fmh ( frauenmauerhöhle)gestellt hat!!! also sei nicht naiv!!!
und bzgl. südamerika – mach einen zwischenstop in neuseeland – dort soll sich märz/april einiges abspielen!!!! genaueres ist noch nicht bekannt aber die vorbereitungen laufen!!!!
also – trinkt aus piraten hei ho und wir sehen uns auf der isla de muerte 😉
Bäbsi, meinst echt, das mit der Couch ist noch bei den ungeklärten Akten, der/die Täter auf der most wanted Liste? Bin schon gespannt, was sich dort tut, wenn wir einen gläsernen Flügel in die Frauenmauerhöhle stellen!
Das mit den „Jeffreys“ (danke für die mir neue Info!) ist eigenartig, ja. Wir werden die Wirkung wohl nie erfahren, kommt mir aber auch höchst seltsam vor, so ein Gemisch.
Bezüglich Neuseeland hab ich schon was läuten hören. Das liegt freilich auf meinem Weg! Die Schwedische Aussteigerin, die ich in Bangkok kennengelernt habe, arbeitet übrigens in einer Bar in Christchurch, Südinsel. Hab versprochen, auf ein kleines Bier vorbeizuschauen…
Utschi-gutschi!